Limbus Lyrik – Wie ein vernachlässigtes Genre Raum greift
Von Merle Rüdisser
Mit der Lyrik ist es wie mit den meisten lohnenden Themen: Je mehr man darüber weiß, desto mehr möchte man wissen. Da ist es nur konsequent, dass zusätzlich zur Reihe Limbus Lyrik auch Bücher über Lyrik bei Limbus erscheinen. Da wäre zum einen Florian Bissigs Mauerlängs durch die Nacht, eine Lektüre quer durch die letzten hundert Jahre Schweizer Lyrik, und zum anderen wo warn wir? ach ja: Junge österreichische Gegenwartslyrik, von Robert Prosser und Christoph Szalay herausgegeben, das eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen jungen Lyrik in Österreich versucht.
Darin vertreten sind natürlich einige Limbus-Lyrikerinnen – Cornelia Travnicek, Daniela Chana und Lydia Steinbacher nämlich –, darüber hinaus zwei, die unser Lyrik-Spektrum im Frühjahr 2019 erweitern.
Katharina Ferner (geboren 1991) schreibt schon lange, debütiert aber als Lyrikerin mit nur einmal fliegenpilz zum frühstück bei Limbus. Der raffiniert komponierte, vor Sinnlichkeit strotzende Band verbindet Hochsprache mit Mundart und erzeugt so ganz unerwartete, spannende Effekte.
Sophie Reyer wurde 1984 geboren und hat seit 2005 einiges an Prosa und Lyrik veröffentlicht – im Frühjahr 2019 beehrt sie Limbus Lyrik mit Queen of the Biomacht, ehrlich. All die Berge, Meere, Wetterphänomene, die Tiere, Gewächse, Zivilisationssymptome stehen nicht nur für sich, sondern verbergen und offenbaren Existenzielles: Einsamkeit, Abschied, Erwachsenwerden, Liebe.
Als Dritte im Bunde der weiblichen österreichischen Lyrik bei Limbus im Frühjahr 2019 bereichert Petra Ganglbauer Limbus Lyrik. Seit Ende der 1980er publiziert sie Gedichte, bei Limbus nun Gefeuerte Sätze. Diese Texte stechen da zu, wo es wehtut: bei Krieg und Zerstörung, bei Flucht und Vertreibung, bei Autonomie und Befreiung.
Diese Lyrik ist nah, aktuell und der Welt zugewandt, man lese und konfrontiere sich!
Die Reihe Limbus Lyrik
Limbus Lyrik widmet sich konsequent der zeitgenössischen Lyrik. Die neue, hochwertig gestaltete Lyrikreihe präsentiert regelmäßig sowohl bekannte als auch völlig neue lyrische Positionen. Sie feiert das Comeback der Lyrik, die in den vergangenen Jahren nur wenig am Buchmarkt zu finden war, und wagt sich an eine Bestandsaufnahme aktueller Lyrik. Um der Reihe und den AutorInnen die größtmögliche Offenheit zu ermöglichen, gibt es keine thematischen und formalen Eingrenzungen.
Im Raum steht die Frage: Was kann Lyrik heute sein? Der Bogen reicht von der konzeptuellen Ausdrucksform bis zur klaren Erzählstimme. Lyrik kann analysieren, erkennen und anprangern, sich den großen Themen widmen, klassische Formate neu definieren oder die Möglichkeiten der Sprache in ihrer Tiefe ausloten.
Ein guter Lyrikband soll auch schön und leistbar sein. Deshalb wird das Format Limbus Lyrik hochwertig gestaltet und hat dennoch einen niedrigen Preis.